LehrendeProf. Dr. Sabine Meine
|
|
Vorlesung Musikgeschichte: Musik in ihren Lebenswelten
4 Leitfragen nach dem „Wer“, „Wo“ „Wie“ und Warum“ von Musik begleiten uns in der Betrachtung von musikalischen Werken und Ereignissen, Zentren, Institutionen, Personen (Komponist/inn/en, Interpret/inn/en etc.), und ihrem kulturhistorischer Kontext. Sie lernen Phänomene und Zusammenhänge kennen, die unser Musikdenken und das gesellschaftliche Leben bis heute prägen.
Ziel der Vorlesung ist es, Sie als Studierende neugierig zu machen auf die faszinierende Vielfalt der Musikgeschichte, die die europäische Kultur entscheidend geprägt hat. Die Vorlesung soll Ihnen ermöglichen, Ihren Horizont zu erweitern, zu lernen, sich historisch zu orientieren und weiter zu bilden und dabei ein Bewusstsein für verschiedene Ansätze der Musikgeschichtsschreibung zu entwickeln.
„Fine knacks for ladies“ – Musik und Kultur der Renaissance: die Beispiele Italien und England
Ausgehend von zwei namhaften Renaissancehöfen, dem der „virgin queen“, Elisabeth I. von England, und dem von Isabella d’Este, „primadonna del mondo“ in Mantua, geht es in diesem Seminar vorrangig um weltliche Musik des 16. /17. Jahrhunderts und die Rekonstruktion ihres kulturgeschichtlichen Kontextes: um Musik für die Kammer, Tanz-und Festmusik, Gesang zur Laute, Madrigale, Tastenmusik, um Pfeifer und Trommler und die Bedingungen, wie Musik damals in das Hofleben eingebunden war.
Let it be. Aufbruch in der Musikkultur der 1960er Jahre
Mit den 1960er Jahren wich die Fortschrittsgläubigkeit und Wohlstandseuphorie der Nachkriegszeit der Skepsis gegenüber einer durch Regelwerke und Dogmen verkrusteten Gesellschaft. Kritik und Diskussion bis hin zur „Kulturrevolution 1968“ eröffneten neue Wertmaßstäbe, die das Musikleben im E- und U-Bereich gleichermaßen veränderten: Politik, Meditation und Grenz-Erfahrung, Elektronik, Theater und Szene sind Aspekte, die damals für Luciano Berio, Hans-Werner Henze oder Morton Feldman ebenso zentral waren wie für die „Rolling Stones“, die „Beatles“ oder Frank Zappa.
Ziel des Seminars ist es, gesellschaftlichen Maximen der Zeit in der Musik, deren Inszenierung und Institutionen (Gruppen, Festivals, Zentren, Medienindustrie) nachzugehen. Dabei sollen Diskussionsebenen für den historischen Umgang mit Musik verschiedener Traditionen und deren Begriffen („Beat“, „Rock“, „Neue Musik“, „klassische Avantgarde“ etc.) entwickelt werden.
Musik und Kultur der Renaissance (in Vorbereitung des Kollegs Montepulciano)
Das Seminar bietet Einblicke in die Musik, das Leben und die Künste vor einem halben Jahrtausend und deren Bedeutung für Heute. Es gilt als Vorbereitung zum Kurs „Renaissance. Provokation. Proportion, Politik“ des Kollegs Musik und Kunst Montepulciano, in dem künstlerisch und wissenschaftlich gearbeitet werden kann (https://kolleg-musik-kunst.de/blog/). Das Seminar steht aber auch allen offen, die Interesse an einem Einstieg in die Musikkultur der Renaissance haben.
Hauptseminar: Venezianische (Schau)Spiele für Augen und Ohr der Frühen Neuzeit, mit Exkursion nach Venedig, Sommersemester 2016
gemeinsam mit Prof. Dr. Jörn Steigerwald (Komparatistik)
Venedig ist in der Frühen Neuzeit die Republik, die europaweit als der Ort der Opern- und Theaterkultur angesehen werden kann, was sich nicht nur an der bloßen Anzahl der entsprechenden Bühnenhäuser ablesen lässt, sondern auch anhand der zahlreichen berühmten Opern-, Theaterdichter und Komponisten sowie anhand der berühmten Schauspieler, Musiker und Sänger, die hier für kürzere oder längere Zeit wirkten. Der Seminartitel „Venezianische (Schau)Spiele für Auge und Ohr“ fokussiert zum einen diese Tradition der Serenissima, bezieht sich aber zum anderen auch auf solche Schauspiele, die in der Stadt Venedig oder der Republik Venedig ihren Ort haben.
Im Zentrum des Seminars, das gleichermaßen für Musikwissenschaftler und Komparatisten geöffnet ist, wird zentral die Frage behandelt, was das Spezifische der venezianischen Fest- und Theaterkultur zwischen 1500 und 1800 ist: Wie sieht das Theaterleben aus, wo findet es wie statt? In welcher Beziehung steht es zum Karneval? Welche Themen werden hier bevorzugt behandelt? Inwiefern können diese Themen als spezifisch venezianisch angesehen werden? Welchen Beitrag leistet Venedig zum europäischen (Musik)Theater dieser Epoche?
BewegtBelebtBarock. Musik, Architektur und Tanz am Kanal – Ein Spaziergang mit Friedrich Adolf, 21. und 22. Mai 2016, Detmold
Mit nur 13 Jahren ging Fürst Friedrich Adolf zur Lippe 1680 auf die damals übliche Kavalierstour, um Europa kennen zu lernen. Seine Reisen führten ihn auch nach Versailles, an den Hof von Ludwig XIV., wo die Künste florierten. Ganz Europa war damals von Frankreich geprägt und so überrascht es nicht, dass man auch in Lippe der Schönheit und Macht der Künste am Hof des Sonnenkönigs nacheiferte.
Nach seinem Regierungsantritt 1697 ließ der Fürst Veränderungen am Detmolder Schloss vornehmen und legte zwischen 1701 und 1704 den Friedrichstaler Kanal an. An seinen Ufern entstanden die prächtige Neustadt und das „Favourite-Schloss“, das heutige Palais der Hochschule für Musik. Das geplante Lustschloss am Ende des Kanals hingegen blieb ein Traum des Regenten. Friedrich Adolf veranstaltete Lustfahrten auf dem Kanal, die einen ganzen Tagesausflug umfassten und vom Stadtschloss zum Lustschloss führen sollten. Nicht nur bei diesen Gondelfahrten dürfte Musik im Stile der großen französischen Vorbilder erklungen sein.
Vor diesem Hintergrund lädt ein Kooperationsprojekt von Studierenden der Musikwissenschaft und der Innenarchitektur zum Flanieren am Kanal ein: „BewegtBelebtBarock“. An fünf verschiedenen Stationen wird der Detmolder Barock durch Musik, Architektur und Tanz neu belebt. Fürst Friedrich Adolf, unsere lokale Verbindung zu Versailles, begleitet seine Gäste persönlich auf diesem künstlerischen Spaziergang und lädt zum Lauschen, Entdecken und Lustwandeln ein.
Ringvorlesung: Mein Lieblingsstück. Musikwissenschaft und ihr Innerstes, 2015-2016
Wir kennen alle die Frage „Was ist Ihr Lieblingsstück?“, doch so sehr sie uns berührt, bringt sie uns MusikwissenschaftlerInnen leicht in Verlegenheit, wie wohl die meisten, die sich professionell mit Musik beschäftigen. Und je nachdem, wer fragt und was wir von unserem Innersten preisgeben wollen, äußern wir uns mehr oder weniger persönlich.
In musikwissenschaftlichen Vorlesungen wird, so scheint es, normalerweise wenig Persönliches angesprochen: Die Auswahl der Musikbeispiele erfolgt nach rein fachlichen Gesichtspunkten. In Wirklichkeit ist Wissenschaft aber viel weniger „objektiv“, als normalerweise angenommen wird. Professorinnen und Professoren haben Lieblingsthemen, sie favorisieren bestimmte Gegenstände, sie begeistern sich für bestimmte Beispiele (z. B. Musikstücke).
Solche „Lieblingsstücke“ werden in der Ringvorlesung des Musikwissenschaftlichen Seminars Detmold/ Paderborn vorgestellt. Indem dies aus musikwissenschaftlicher Perspektive geschieht, werden die Zuhörenden nicht nur Stücke kennenlernen, die zu kennen sich lohnt, sondern auch Einblicke in wissenschaftliche Zugänge zu Musik bekommen, die so unterschiedlich sind wie die ReferentInnen: Lehrende der Universität Paderborn und Hochschule für Musik Detmold sowie GastrednerInnen.
Feiern wie in Venedig. Musik- und Festkultur der Frühen Neuzeit
Feste spielten in der Höfischen Kultur eine führende Rolle, um die Macht der Herrschenden zu repräsentieren und zu festigen. In der Republik Venedig, seit dem Mittelalter kosmopolitisches Handelszentrum, rühmte man sich einer besonderen Festkultur zu Wasser und zu Land, die während des Karnevals von europäischen Gästen bewundert und vielfach nördlich der Alpen imitiert wurde. Aus Anlass der Tagung „Musik und Vergnügen. Fest- und Kulturtransfer von Venedig nach Hannover in der Frühen Neuzeit“ (4. und 5.12.14 im Schloss Herrenhausen/Hannover) soll im Seminar die Bedeutung von Musik innerhalb der höfischen Festkultur erarbeitet werden. Mit Exkursion nach Hannover zum Tagungsbesuch.
Venezia Moderna. Die Wahrnehmung von Musik, Film und Kunst im Venedig des 19. und 20. Jahrhunderts, Sommersemester 2013, Deutsches Studienzentrum in Venediggem.
mit Dr. Stefan Neuner, Universität Basel (Kunstgeschichte)
Studienkurs Venedig und Italienkurs Musikwissenschaft II. Projekt zur Förderung Italien-bezogener Studien innerhalb der Gesellschaft für Musikforschung
Aussschreibung für Studierende der Musikwissenschaft an deutschsprachigen Hochschulen, Förderung durch die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung
Populäre Musik – eine Kulturgeschichte zwischen 1500 und heute. „Dialoge zwischen Kunst und Wissenschaft“, Wintersemester 2008/2009
Öffentliche Vorlesungsreihe „Pop music“ war nicht nur eine umwälzende Neuerung des 20. Jahrhunderts, die mit neuen Medien und Technologien die Hör- und Konsumgewohnheiten revolutioniert hat und heute ein Forschungsfeld der Musikpsychologie, -pädagogik und der Medienwissenschaften ist. „Populäre Musik“ gab es aber zu allen Zeiten, da „beliebte, bekannte, gemeinverständliche Musik“ schon immer ihre Wirkung auf ein größeres Publikum oder eine Menge an Leuten entfaltet hat. Mit der Erfindung des Musikdrucks um 1500 wird diese Geschichte für uns nachvollziehbar.
In der öffentlichen Vorlesungsreihe der „Dialoge zwischen Kunst und Wissenschaft“ werden KollegInnen der HMTM Hannover, Gäste und Studierende diskutieren, wie, warum und unter welchen Bedingungen Musik populär war und wie über populäre Musik gesprochen wurde und werden kann. Leitende Aspekte dafür sind die Politisierung, Moralisierung, das Gendering und die Kommerzialisierung von populärer Musik. Ausführliche Informationen unter https://www.fmg.hmtm-hannover.de/de/start/.
Liebe und Musik. Beziehungsgeschichten in der Frühen Neuzeit
Vorlesung zuzügl. Hör- und Lektürekolloquium, Lehrveranstaltungen SS 2009 Detmold/Paderborn und WS 2008/09 HMTM Hannover
Kaum eine Beziehung hat eine so lange und erfolgreiche Geschichte wie die zwischen Musik und Liebe. Seitdem es weltliche Musik gibt, wird von der Liebe gesungen, und bis heute ist sie ein zentrales Thema der Musik. Die Vorlesung geht den Gründen dieses Phänomens vor allem ab 1500 nach, da Liebe und Musik populärer denn je wurden. Die höfische Liebe, ein Phänomen des Mittelalters, wurde jetzt auch in Städten Mode; man diskutierte über sie, sang Chansons und Madrigale zu den verschiedensten Anlässen; ab 1600 erzählte auch die Oper ihre Geschichten von der Liebe. Beispiele aus Italien und Frankreich stehen im Vordergrund.
Cosimos Hochzeit. Liebe Macht Musik im Florenz der Medici 1539
Hochschul- und Schulprojekt, Sommesemester 2006
Eine Zusammenarbeit der HMTM Hannover mit der FH Hannover und dem DHI in Rom (Musikgeschichtliche Abteilung). Studierende der Studiengänge Schulmusik, Musikerziehung, Schauspiel, Oper, Rhythmik, Künstlerische Ausbildung. (Vgl. beiliegenden Bericht www.dhi-roma.it/cosimo.html).
Puppen, Huren, Roboter. Körper der Moderne in der Musik 1860–1930
Im Zuge der Gender-Studien werden Körper-Phänomene als Abbild der Normierung und Modernisierung des gesellschaftlichen Lebens erforscht. In der Moderne im enger verstandenen Sinn (1860er Jahre bis ca. 1930) unterliegt der menschliche Körper im zunehmend vom Rhythmus der Maschinen beeinflussten Alltag dem Druck der Standardisierung und Mechanisierung, ist aber immer zugleich auch Raum für entsprechende Gegenprojektionen, d.h. Ausdruck für das Nicht-Domestizierbare, Unbeherrschte. In weiblichen und männlichen Körperbildern spiegelt sich somit moderne Mentalität.
Musik bzw. Hören ist in zweierlei Hinsicht auf die Kategorie Körper beziehbar: Einerseits kann Musik körperbezogene Prozesse und Vorstellungen darstellen, was besonders im Musiktheater und performativer Musik, d.h. in Oper, Operette, Tanz, Musical und Film, der Fall ist. Andererseits kann die Struktur von Musik als körperliche gehört und empfunden werden, so dass auch in der Instrumentalmusik Körperbilder nachweisbar werden.
Wir sind gespannt auf das Experiment, gemeinsam mit Studierenden ab dem 3. Semester musikalische Themen unter der Perspektive „Körper“ zu erarbeiten (z.B. „Puppen-Musik“, „Musik und Erotik“, „Hosenrollen“, „Stimme und Körper“, „Körper und Ideologie“, „Tanzreform um 1900“ mit Beispielen von J. Offenbach, R. Strauss, P. Hindemith, I. Strawinsky, F. Schreker etc. sowie im Film.)
Öffentliche Vortragsreihe und Hauptseminar im Rahmen der Gender-Studies der HMTM Hannover, gemeinsam mit Dr. Katharina Hottmann (WS 2003/2004 und WS 2002/2003)
Italienkurs Musikwissenschaft.
Projekt zur Förderung Italien bezogener Studien innerhalb der Gesellschaft für Musikforschung, gemeinsam mit Prof. Dr. Christine Siegert
Das Musikleben, wie wir es heute in Deutschland haben, ist ohne die tiefen Prägungen durch die italienische Musikgeschichte undenkbar. Am offensichtlichsten ist dies im Bereich der Oper, wo Giuseppe Verdi zu den am häufigsten aufgeführten Komponisten zählt. Auch die Alte-Musik-Szene wäre ohne die zahlreichen italienischen Komponisten vom Trecento bis zum Barockzeitalter, die für ganz Europa eine stilistische Vorreiterrolle einnahmen, nicht lebensfähig. Doch scheint das Bewusstsein dieser Bedeutung derzeit zu verblassen, so dass die Notwendigkeit besteht, sie gerade Studierenden der Musikwissenschaft wieder eindrücklich vor Augen zu führen.
Zielsetzung
Allgemeine Bildungserweiterung und fachliche Profilierung einer italophilen Musikwissenschaft durch eine erfahrungsorientierte und nachhaltige Nachwuchsförderung.
Das fünfjährige Programm des Italienkurses Musikwissenschaft zielt darauf, interessierten Studierenden der Musikwissenschaft durch eindrucksvolle Erlebnisse an ausgewählten Schauplätzen individuelle und nachhaltige Erfahrungen zum Musikleben Italiens gestern und heute zu ermöglichen.
Zur Konzeption
In Anlehnung an die erfolgreichen Konzepte des sogenannten Rom-Kurses des Deutschen Historischen Instituts in Rom und der Studienkurse am Deutschen Studienzentrum Venedig sowie der von der Zeit-Stiftung geförderten Sommerakademie History Takes Place sollen Studierende v.a. aus musikwissenschaftlichen Masterstudiengängen einmal jährlich über eine bundesweite Ausschreibung die Möglichkeit bekommen, an einer musikwissenschaftlichen Exkursion nach Italien teilzunehmen. Die Leitung und Organisation liegt jeweils in der Hand einer/eines oder zweier Fachkolleginnen/en, die/der an einer deutschen Universität oder Hochschule oder einem deutschen Forschungsinstitut im Ausland tätig ist.
Geplant sind zunächst fünf Italienkurse in den Jahren 2012 bis 2016 nach Rom, Venedig, Mailand, Florenz und Neapel. Damit sind möglichst vielfältige und zugleich repräsentative Zentren des Musiklebens vom späten Mittelalter bis heute ausgewählt.
Kurse von 2012 bis 2016
2012 | 24. März–1. April, „Rom als Musikstadt – ein historischer Längsschnitt“, Leitung: Prof. Dr. Silke Leopold (Heidelberg) und Dr. Sabine Ehrmann-Herfort (Rom)
2013 | „Venezia Moderna. Die Wahrnehmung der Lagunenstadt in Musik, Film und Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts“, Leitung: PD Dr. Sabine Meine (Venedig) und Dr. Stefan Neuner, Universität Basel (Kunstgeschichte)
2014 | „Musik und Medien in Mailand“, Leitung: Dr. Jutta Toelle (Frankfurt) und Prof. Dr. Christine Siegert (Berlin)
2015 | „Musik in Florenz unter den Medici – Herrschaftsrepräsentation und Erbauung“, Leitung: Prof. Dr. Klaus Pietschmann (Mainz)
2016 | „Musiktheater in Bologna und Oberitalien“, Leitung: Prof. Dr. Arnold Jacobshagen (Köln), Dr. Jutta Toelle (Frankfurt/M.) und Prof. Dr. Sabine Meine
Barcarola. Alltags- und Imaginationsgeschichte des venezianischen Gondelliedes, 2011-2013
Deutsches Studienzentrum in Venedig
Die Barkarole (ital. Barcarola), eine populäre Poesie, die zunächst von den Gondolieri in Venedig gesungen wurde, ist eng an die Geschichte der Lagunenstadt gebunden. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts musikalisch greifbar, hat sich die Barkarole bis in das 20. Jahrhundert hinein, auch in instrumentaler Form, zu einer europäischen Gattung entwickelt. Dabei hat sie sich weitgehend von ihrem venezianischen Ursprungskontext entfernt und zur Verbreitung von Imaginationen Venedigs in ganz Europa beigetragen. Obwohl das Gondellied bis heute zum festen Erwartungshorizont der Venedig-Reisenden gehört, ist die Vielfalt seines Repertoires in Venedig selbst einer aufgesetzten Monokultur gewichen. Die heute von Gondolieri praktizierten Gesänge, „O sole mio“ und „volare“, stehen in keinerlei Verbindung zur venezianischen Tradition.
Im Zentrum stehen Barkarolen mit nachweisbarem Venedig-Bezug. Ziel ist es dabei, die Verbindungen des Repertoires zum venezianischen Alltag, das heißt die Verortung des Gesangs der Gondolieri und der Barkarolen-Aufführungen in Venedig einerseits aufzuzeigen, und andererseits den Imaginationen nachzugehen, die Reisende, Dichter und Komponisten mit dem Repertoire verbunden haben. Dafür sind musikalische Quellen, ihre Publikations- und Aufführungsgeschichte, Textquellen (Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte) zu sichten. Relevante Archive sind die Fondazione Levi, die Fondazione Cini und die zentralen venezianischen Bibliotheken sowie das Conservatorio Benedetto Marcello.
Im Rahmen des Forschungsprojekts haben zwei Internationale Studientage stattgefunden.
Der Salon von Nadine Helbig in Rom (1866-1922): Musikalische Visionen der „Ewigen Stadt“. DFG-Projekt 2009-2011
Im Musikleben der „Ewigen Stadt“ Rom, Sitz des Papstes mit einer bis vor die Antike zurückreichenden Geschichte, setzten sich Neuerungen vergleichsweise langsam durch. Neben der dominierenden Kirchen- und Theatermusik begann sich ein öffentliches Konzertleben hier erst ab den 1870er Jahren zu etablieren. Musiksalons kamen in Rom daher eine umso bedeutendere Funktion in der Förderung und Verbreitung weltlicher Instrumentalmusik zu. Einer davon war der Salon, den Nadine Helbig zwischen 1866 und 1922 an historisch herausragenden Standorten der Stadt führte. Er ist in einer regionalen Einzelfallstudie rekonstruiert worden, um die Wirkung der europäischen Institution des Musiksalons in den sich modernisierenden Kulturstädten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts weiter zu differenzieren.
Helbig war als russisch gebürtige Prinzessin Schahovskaja französisch-deutscher Prägung mit pianistischer Ausbildung (v.a. bei Clara Schumann) prädestiniert für das supranationale Salonwesen. Im Netzwerk mit dem Salon der Königlich Preußischen Gesandtschaft, bzw. der Gesandtschaft des Deutschen Reiches, und dem Wirkungskreis um Franz Liszt ist ihr Salon auf Beziehungen zum Konzertleben Roms zu untersuchen. Dabei ist Helbigs kunstreligiöse Haltung vom mondänen Prototyp des Musiksalons zu unterscheiden und als typisch deutsch-römisch einzuordnen: Unter deutschen, kulturgeschichtlichen Einflüssen mischte sich eine Neigung zur Frömmigkeit mit idealisierenden Visionen auf historische Kunst. Daher konnte am Fallbeispiel dieses Salons der für das Rom der Zeit spezifische „Renaissancismus“ als ein Grund für die retardierte Modernisierung des Musiklebens der Stadt studiert werden.
2011 Projektleitung am Deutschen Studienzentrum in Venedig unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Sabine Brier, M.A., Universität Münster